Wenn man in diesen Tagen in einigen Gebieten im Nordschwarzwald (z.B. in Baiersbronn) unterwegs ist, reibt man sich verwundert die Augen. Am Heck nicht weniger Autos sieht man Aufkleber in grüner Farbe mit dem Schriftzug Nationalpark und einem roten diagonalen Balken. Auf einigen Wiesen sind Transparente mit demselben Inhalt aufgespannt.
Nach einer ersten Verwunderung steigt jedoch Wut auf. Da versuchen tatsächlich bestimmte Interessengruppen, die Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21 zu kopieren, indem sie deren Aufkleber jetzt in Sachen Nationalpark nachahmen. Aber ist die Bewegung gegen den Nationalpark Nordschwarzwald wirklich eine Bürgerbewegung? Oder stecken dahinter nicht die wirtschaftlichen Interessen einiger weniger?
Zumindest sind die Argumente, die gegen den Nationalpark angeführt werden, längst überholt. Von einem Betretungsverbot des zukünftigen Nationalparks kann keine Rede sein. Im Gegenteil: Wer etwa einen amerikanischen Nationalpark schon einmal gesehen hat, weiß, dass die Einrichtungen für Besucher (Wege, Campingplätze, Informationszentren) in diesen Nationalparks alles übersteigen, was man vom Schwarzwald gewohnt ist. Die Artenvielfalt wird durch einen Nationalpark massiv gefördert. Denn tausende Tier- und Pflanzenarten sind für ihr Überleben auf Wildnis angewiesen. Großflächig absterbende Waldteile wird es im Schwarzwald im Gegensatz zum Bayerischen Wald nicht geben, weil im Schwarzwald die Baumartenzusammensetzung weniger fichtenlastig ist. Nationalparks sind weltweit Anziehungspunkte für Touristen. Mit einem Nationalpark Nordschwarzwald werden Menschen aus aller Welt den Schwarzwald aufsuchen, die bisher dieses Gebiet gemieden haben. Und die Kulturlandschaft im Schwarzwald bleibt trotz Nationalpark erhalten. Denn der Nationalpark wird nur einen ganz kleinen Bruchteil der Fläche des Schwarzwalds einnehmen.
Aber kommen wir noch einmal zum Vergleich zwischen dem Nationalpark Nordschwarzwald und Stuttgart 21. Für den Nationalpark Nordschwarzwald spricht alles, für Stuttgart 21 spricht nichts. Alle Fachleute und zuständigen Organisationen und Institutionen (Bundesamt für Naturschutz, Bundesregierung, EU-Parlament, EU-Kommission, BUND, NABU, Greenpeace, Unesco usw.) haben sich für die Schaffung größerer Wildnisflächen in Baden-Württemberg und insbesondere für den Nationalpark Nordschwarzwald ausgesprochen. Im Gegensatz dazu haben sich fast alle Fachleute, Organisationen und Institutionen gegen Stuttgart 21 ausgesprochen.
Und es gibt noch einen Unterschied. Während die Landesregierung in BW über Stuttgart 21 zerstritten ist (der größere Teil der Landesregierung ist gegen Stuttgart 21, der kleinere Teil ist dafür), herrscht in der Landesregierung über den Nationalpark Nordschwarzwald Einigkeit. Beide Parteien, die die Landesregierung tragen, haben die Schaffung des Nationalparks Nordschwarzwald an vorderster Stelle ihrer Agenda gesetzt.
Wünschen wir also der Politik Standfestigkeit in ihrem Bemühen, dass Baden-Württemberg nicht die einzige Region in Europa ohne Nationalpark bleibt.
Aufkleber am Heck eines Autos in Baiersbronn |
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.