Dienstag, 25. März 2014

Irritationen um Waldumbau im Nationalpark Schwarzwald


Wenn man in diesen Tagen mit Startpunkt Ruhestein an der Schwarzwald-Hochstraße den neuen Premiumweg Bosensteiner Almpfad entgegen dem Uhrzeigersinn unter die Füße nimmt, staunt man nicht schlecht. Auf den ersten paar Kilometern des Wegs kommt man durch ein fast forstfabrikartig genutztes Waldgelände. Breite, von Nutzfahrzeugen zerfurchte Forststraßen, massenhaft gefällte Bäume, Wanderwege, die unter liegengelassenem Abfallholz kaum mehr zu erkennen sind und laute Geräusche von irgendwelchen Holzverarbeitungsmaschinen lassen kein Wandervergnügen aufkommen.

Sieht man auf eine der neuen Karten des Nationalparks Schwarzwald, stellt man mit Erschrecken fest, dass dieses Waldgebiet unterhalb des Ruhesteins an der Schwarzwald-Hochstraße seit dem 01.01.2014 Bestandteil des neuen Nationalparks ist. So also sieht die erste Begegnung mit dem lange erwarteten neuen Nationalpark Schwarzwald aus. Das hätte man sich wirklich anders vorgestellt.


Nun ist allerdings unbestritten, dass der neue Nationalpark Schwarzwald ein sogenannter Entwicklungs-Nationalpark ist, ein Nationalpark also, in dem in den ersten 30 Jahren seines Bestehens ein Waldumbau stattfindet. Zu berücksichtigen ist auch, dass die waldumbaulichen Maßnahmen im Verlauf des Bosensteiner Almpfads schon länger laufen und nicht von der Nationalpark-Verwaltung begonnen worden sind. Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite sieht so aus, dass das betreffende Gebiet eben jetzt zum Nationalpark gehört und der Nationalpark in der Bevölkerung nach wie vor umstritten ist. Deshalb muss die Verwaltung des Nationalparks alles daransetzen, dass der Nationalpark an Ansehen gewinnt. Dazu gehört, dass man auch zu denjenigen Maßnahmen steht, die bereits vor der Ausweisung des Nationalparks begonnen worden sind, und versucht, die Auswirkungen dieser Maßnahmen irgendmöglich zu mildern.

Die Öffentlichkeit muss über den Waldumbau im Nationalpark informiert werden
Zunächst einmal sollte man die Öffentlichkeit darüber informieren, an welchen Stellen im Nationalpark jeweils gerade Forstarbeiten stattfinden, so dass die Besucher solche Stellen gezielt meiden können. Das muss im Internet geschehen sowie über regelmäßige Pressemitteilungen. Darüber hinaus ist es ein absolutes No Go, forstindustrielle Tätigkeiten im Verlauf eines Premiumwegs durchzuführen. Premiumwege sind die Krone der deutschen Wanderwege. Sie werden vom Deutschen Wanderinstitut e.V. nach einem strengen Verfahren zertifiziert. Die Zertifizierung ist jeweils nur für drei Jahre gültig. Premiumwege ziehen ein Wanderpublikum aus ganz Deutschland und den angrenzenden Ländern an, das mit großen Erwartungen teilweise eine weite Anreise in Kauf nimmt. Für diese Dinge gilt es ein Gespür zu entwickeln.

Im konkreten Fall hätte es mehrere Handlungsoptionen gegeben. Man hätte vor Ort mit Tafeln sowie im Internet darauf hinweisen können, dass der Premiumweg Bosensteiner Almpfad wegen Forstarbeiten vorübergehend gesperrt ist. Die Gemeinde Seebach hätte auch mit der Zertifizierung des Bosensteiner Almpfads durch das Deutsche Wanderinstitut e.V. solange zuwarten können, bis die Forstarbeiten beendet sind. Oder man hätte mit den Forstarbeiten so lange warten können, bis die Zertifizierung des Premiumwegs nach drei Jahren ausläuft.

Probleme gibt es auch auf den Grinden
Auch im Bereich der Grinden gibt es Irritationen. Die Grinden sind die waldarmen, heideartigen Flächen in den Kammlagen des Nordschwarzwalds, die als Folge der jahrhundertelangen Bewirtschaftung durch den Menschen entstanden sind. Im Bereich der Grinden wurden nun Anfang 2014 überdurchschnittlich viele Birken gefällt. Vielfach sieht dies wie ein Kahlschlag aus. Beschwerden aus der Bevölkerung sind bereits da.

Nun ist auch hier die Sache formal klar. Die Grinden gehören zu den 25 Prozent der Fläche des Nationalparks, auf denen dauerhaft Pflegemaßnahmen durchgeführt werden, die also nicht zur Wildnis werden sollen. Aber muss es wenige Wochen nach der Schaffung des Nationalparks jetzt gleich so massiv an die Vegetation der Grinden gehen? Kann man da nicht etwas sensibler vorgehen? Es müssste doch klar sein, dass große Teile der Bevölkerung vor Ort den neuen Nationalpark mit Argusaugen und mit Skepsis betrachten. Warum muss man also jetzt auf Teufel komm raus das Landschaftsbild der Grinden relativ radikal verändern? Kann man das nicht langsamer machen und/oder auf später verschieben?

Mir scheint, dass die neue Nationalpark-Verwaltung den Ernst der Lage noch nicht erkannt hat. Mit ganz großer Wahrscheinlichkeit wird Baden-Württemberg nach der nächsten Landtagswahl wieder eine CDU-geführte Regierung haben. Und solche Ungeschicklichkeiten wird die CDU sofort zum Anlass nehmen, den Nationalpark ganz oder teilweise wieder rückgängig zu machen. Also gilt es alles zu unternehmen, das Ansehen des Nationalparks in der Öffentlichkeit so weit zu festigen, dass im Jahr 2016 niemand mehr an die Abschaffung des Nationalparks denkt.

BW-Grüne: gut gemeint, aber schlecht gemacht
Über die Nationalpark-Verwaltung hinaus werfen die aktuellen Vorgänge im Nationalpark jedoch auch ein schlechtes Licht auf die Grünen. Zwar haben die Grünen den Nationalpark Schwarzwald jetzt erst mal zustande gebracht. Augenscheinlich verhalten sie die Grünen jetzt aber ungeschickt und provozieren somit, damit der Nationalpark demnächst wieder abgeschafft wird. Damit verhalten sich die Grünen in Sachen Nationalpark genauso ungeschickt wie bei Stuttgart 21. Gut gemeint, aber schlecht gemacht - so könnte man Grünes Regierungshandeln überschreiben. Der Bürger bleibt ratlos zurück.

Ergänzung vom 27.03.2014
Mit einer E-Mail vom 26.03.2014 hat mir Herr Dr. Marc Förschler von der Nationalpark-Verwaltung mitgeteilt, dass die Forstarbeiten unterhalb des Ruhesteins im Verlauf des Premiumwegs Bosensteiner Almpfad bereits vor der Ausweisung des Nationalparks geplant und begonnen wurden. 

Das nehmen wir hier gerne zur Kenntnis. Es bleibt dann trotzdem noch die Frage, warum die Forstarbeiten auf dieser Staatswaldfläche in etwa gleichzeitig mit der Zertifizierung des Premiumwegs Bosensteiner Almpfad begonnen worden sind. Da hätte es m.E. eine bessere Abstimmung zwischen der Gemeinde Seebach als Betreiber des Premiumwegs und der staatlichen Forstverwaltung geben müssen. 

Ansonsten wünschen wir dem Nationalpark Schwarzwald viel Erfolg und ein glückliches Händchen auf dem schmalen Grat zwischen Wildnisschutz und Akzeptanz bei der Bevölkerung.    


Zerfurchte Wanderwege im Nationalpark Schwarzwald als Folge forstwirtschaftlicher Tätigkeiten
Kahlschläge, Beeinträchtigungen des Bodens durch Maschineneinsatz, Abfallholz auf den Wegen: Das findet der möglicherweise von weither angereiste Wanderer vor, der im Frühjahr 2014 den Premiumweg Bosensteiner Almpfad innerhalb des Nationalparks Schwarzwald begeht.
                        

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